Visualisierungstechniken spielen für mich eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung taktischer Herausforderungen und der Entscheidungsfindung im Sport. Diese Techniken ermöglichen es Athleten, spezifische Spielsituationen mental durchzugehen, Strategien zu entwickeln und Entscheidungen unter Druck zu treffen, was letztendlich die Performance entscheidend beeinflussen kann.
Die Ebenen des Erfolgs
Unvergesslich die Szene aus dem Film "Cool Runnings" die Jamaikanische Bobmannschaft sitzt in der Badewanne und geht die Kurven des bevorstehenden Wettkampfs durch. Sich mental die kommenden Herausforderungen vorzustellen, Techniken und Taktiken wiederholen sind sicherlich die klassischen Anwendungsfelder der Visualisierung und das was uns sofort ins Gedächtnis kommt. Tatsächlich ist dies aber auch nur eine Möglichkeit dies einzusetzen. Weitere Anwendungsfelder, in denen ich regelmäßige Erfolge in der Arbeit mit den Athlet:innen sehe sind Entscheidungsfindungsprozesse, auch die Umsetzung von taktischen Vorgaben oder das setzen von Haltepunkte, um die eigenen Techniken anzuwenden, Stellungsspiel zu optimieren und die gegnerischen Optionen einzugrenzen.
Unbeschränkte Kreativität oder endliche Optionen?
Die vielen Anwendungsfelder möchte ich einmal durchgehen und aufzeigen, wie dies in der Praxis angewendet werden kann.
Entscheidungsfindungsprozesse bei eigenen Optionen und Handlungsalternativen
Welche Optionen stellen sich mir als Sportler:innen? Wir stellen uns vor, dass ein(e) Fußballer:in die Außenlinie entlang rennt. Auch wenn im Spielgeschehen als schnell und intuitiv scheint, so gibt es Punkte an denen wir im Spiel orientieren. Das Stellungsspiel des Gegners zum Beispiel kann den Unterschied machen, ob der/die Athlet:in im nächsten Moment nach innen zieht, weiter die Außenlinie entlang rennt oder umdreht und eine freie Anspielstation sucht. Anhand der Positionen des Gegners oder Lücken, die sich öffnen die eigenen Optionen darstellt hilft die vielen Möglichkeiten einen ein wichtiges und relevantes Minimum zu reduzieren und am Ende auch schneller die Entscheidung für eine der Optionen zu treffen.
Situationsabhängige Entscheidungsfindung: Stellungsspiel optimieren Techniken zielgerichtet anwenden
Das Ziel der Sportler:innen ist es besser zu werden. Manchmal auch im blinden Vertrauen an die Trainerschar und dies zu hinterfragen oder gar in einen taktischen Szenario verorten zu können. Das führt dazu, dass die erlernten Techniken zwar bekannt sind aber, die Anwendung recht lose und zusammenhangslos im Raum steht. Mit Hilfe der Visualisierung ist es möglich, sich besser am Spielverlauf auszurichten oder die relevanten Techniken, dann anzuwenden, wenn sie dringlich werden. Ein(e) Torhüter(in) muss zum Beispiel nicht immer Absprungbereit sein, muss aber dennoch in der Lage sein dem Verlauf zu zu folgen und zu entscheiden, wann mehr Anspannung nötig ist, um die Parade zu machen. In dem Beispiel aus dem Lacrosse-Sport sehen wir, dass die möglichen Szenarien und Verläufe des Spiels Zonen auf dem Feld zugewiesen sind. So beginnt bei Ballverlust in der gegnerischen Verteidigungszone das Tracking des Balls. Sobald der Ball mit dem gegnerischen die eigene Hälfte überquert werden Stellungsspiel und auch die Kommunikation relevanter. Dies gipfelt im Grunde in einem blinden Spot, in dem der/die Torhüter(in) den Ball nicht mehr sieht und auf Kommunikation mit den Mitspieler:innen angewiesen ist.
Antizipation und Reaktion: Durch das Visualisieren von Spielsituationen können Athlet:innen die Bewegungen ihrer Gegner vorhersehen und darauf basierend eigene Entscheidungen treffen.
Mit Wiederholung auf die Performance
Mentale Wiederholungen als Teil des Trainings. Wer sich Spiel-Situationen oder Techniken vorstellt nutzt auch die trainingsfreie Zeit, um zu trainieren. Der Moment in dem die jamaikanische Bobmannschaft in der Badewanne sitzt und durch die Kurven fährt ist eine zusätzliche Trainingsfahrt, die sonst, aufgrund von Kosten und verfügbaren Zeiten wohl nicht stattfinden würde. Somit ist die Ausarbeitung der Situationen auch die Grundlage für die Vorstellung von angewendeten Techniken und Bewegungen. Am Ende werden diese Wiederholungen mindestens das Verständnis für Übungen und Taktiken verstärken.
Entscheidungsfindung unter Druck
Wenn Spiele eng werden, die Saison nicht so läuft wie gewünscht, dann steigt der Druck. Stressbewältigung in Drucksituationen: Die Fähigkeit, unter Druck Entscheidungen zu treffen, ist einer der entscheidenden Aspekte im Sport. Athleten können durch Visualisierung die emotionalen und psychologischen Herausforderungen, die mit solchen Situationen verbunden sind, besser bewältigen. Durch das vorherige Erleben von Stresssituationen in der Vorstellung lernen Athleten, ihre Angst zu kontrollieren und fokussiert zu bleiben. So können zum Beispiel kritische Turniersituationen visualisiert werden, um die Fähigkeit zur ruhigen Entscheidungsfindung in den entsprechenden Situationen zu stärken.
Fazit
Visualisierungstechniken sind unverzichtbare Werkzeuge für Athleten, um taktische Herausforderungen zu meistern und effektive Entscheidungen unter Druck zu treffen. Durch die mentale Vorstellung von Spielszenarien, Entscheidungsprozessen und Reaktionen können Athleten ihre kognitiven und emotionalen Fähigkeiten steuern und optimieren. Die Kombination aus praktischen Techniken und wissenschaftlichen Erkenntnissen zeigt, dass Visualisierung nicht nur die Leistung steigert, sondern auch entscheidend dazu beiträgt, die mentale Stärke zu entwickeln, die für den Erfolg im Sport unerlässlich ist.
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